Eine gelingende Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule ist für die optimale Förderung einer guten schulischen Laufbahn von Kindern zentral. Gelingt sie mit allen Eltern, kann sie auch dazu beitragen die Chancengerechtigkeit zu verbessern. Im Folgenden resümieren wir einige zentrale Aspekte aus der Forschung und weisen auf Herausforderungen und Gelingensbedingungen in der Zusammenarbeit hin. Konkrete Ideen für die Praxis finden Sie hier.

Text: Miriam Aegerter

Lange Zeit galt das Verständnis, dass Eltern für die Erziehung und Schulen für die Bildung zuständig sind. Heute befinden sich Schule und Elternhaus auf einem Weg in Richtung einer Erziehungs- und Bildungspartnerschaft. Gemäss Lehrplan 21 sind die Schulleitenden und die Lehrpersonen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf die Unterstützung durch Eltern, Erziehungsberechtigte und Behörden angewiesen. «Die Zusammenarbeit von Schule, Eltern und Erziehungsberechtigten ergibt sich aus der gemeinsamen Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen. Sie verlangt von beiden Seiten Gesprächs- und Informationsbereitschaft und gegenseitige Achtung». (1)
 

Es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens darüber, dass Familien einen wichtigen Einfluss auf die Bildung und Entwicklung ihrer Kinder haben. (2) Da das Elternhaus so wichtig ist, braucht es die Zusammenarbeit, denn «der ‘gemeinsame Blick’ von Eltern und Fachpersonen auf das Kind schafft bestmögliche Bedingungen für die Entwicklung von Kindern […]. Dazu müssen beide Seiten über die Situation und Ausgangslage des jeweils anderen Bescheid wissen und sich über einen möglichen gemeinsamen Weg verständigen». (3) Um diese Forderung zu erfüllen, sind alle Beteiligten auf gegenseitige Toleranz und ein vertrauensvolles Miteinander angewiesen.

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Studien gezeigt, dass eine tragfähige Kooperation zwischen Schule und Elternhaus ein Gewinn für alle ist: „Schülerinnen und Schüler sind lernbereiter und erzielen bessere Leistungen, Eltern identifizieren sich mehr mit den Anliegen der jeweiligen Schule und die Lehrkräfte werden in der Folge in ihrem ‚Kerngeschäft‘, dem Unterrichten, unterstützt“. (4) Mit dem Begriff der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft deutet sich auch in der Fachdiskussion seit einigen Jahren ein Paradigmenwechsel in dem Diskurs um die Kooperation von Eltern und Schule an. Während der Begriff der Elternarbeit Lehrpersonen eine aktiv-initiierende und den Eltern überwiegend eine passiv-ausführende Rolle zuweist, handelt es sich bei der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft um ein gleichberechtigtes und partnerschaftliches Verhältnis, indem Eltern und Lehrpersonen auf Augenhöhe miteinander kooperieren, sich austauschen, aktiv sind und aufeinander zugehen. (5)
 

Der aktuelle Forschungsstand aus der schulischen Perspektive zeigt auf, dass die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Eltern und der Schule ein zentraler Faktor für den Schulerfolg darstellt, und zwar unabhängig, ob die Eltern eine Migrationsgeschichte haben oder nicht. (6)


Diese Erkenntnisse stehen jedoch im Widerspruch mit der Realität, wie die Zusammenarbeit Eltern-Schule aktuell gelebt wird:

  • Die Elternbeteiligung in der schulischen Zusammenarbeit ist in der Schweiz im europäischen Vergleich eher niedrig. (7)


  • Die Schulen orientieren sich am sogenannten „Normalfall“, d. h. Mittelstandsfamilie, kein Migrationshintergrund, keine Patchwork- oder Ein-Eltern Familien, heterosexuelle Orientierung, etc. (8)


  • Insbesondere deprivilegierte Eltern (dazu gehören oft auch Eltern mit Migrationsgeschichte) werden von den Pädagogen als „pädagogisches Optimierungsfeld“ gesehen, das heisst, sie werden mit einem defizitorientierten Blick betrachtet. Die Lehrpersonen betrachten diese Eltern nicht auf gleicher Augenhöhe und gehen davon aus, dass das Elternhaus keine idealen Bedingungen für die (schulische) Entwicklung des Kindes bietet. (9)


Der aktuelle Forschungsstand zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern aus der Perspektive der Eltern zeigt auf, dass die Bildungsaspiration und das Engagement für die Bildung der Kinder von den Eltern grundsätzlich sehr hoch ist und dies unabhängig von ihrem sozialen Status. (10) Das heisst, dass man als Lehrperson davon ausgehen darf, dass Eltern die Schulbildung der Kinder als etwas Wichtiges und Relevantes betrachten und dass sie das Wohlergehen des Kindes in Verbindung mit einer guten Schulbildung sehen.

Diese Erkenntnis steht jedoch im Widerspruch mit der Elternmitwirkung im Kontext Schule.
 

  • So zeigen verschiedene Forschungen auf, dass die Elternmitwirkung von sozialen Positionierungen der Eltern abhängig ist. Eltern, die gesellschaftlich nicht besonders gut positioniert sind – und darunter gehören oft auch Eltern mit Migrationsgeschichte – zeigen weniger Elternmitwirkung in der Schule. (11)


  • In den Forschungsergebnissen zeigt sich auch, dass insbesondere deprivilegiert positionierte Eltern ein hohes Vertrauen in die Schule haben – obwohl gerade diese Gruppe Ausgrenzungserfahrungen (z.B. aufgrund von Sprache, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Kleidung) erlebt. (12)

Gemäss dem Leitfaden des Dachverbandes der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz bilden eine transparente gegenseitige Information, vielfältige Gesprächs- und Begegnungsmöglichkeiten, unterschiedliche Mitwirkungsformen sowie Weiterbildungs- und Beratungsangebote für Eltern die Basis für eine gelingende Zusammenarbeit. (13) Eine solch gelingende Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern kann sich an unterschiedlichen Merkmalen zeigen. Der Leitfaden des LCH listet die folgenden Qualitätsmerkmale auf, welche zu einer gelingenden Information und einer wertschätzenden Zusammenarbeit beitragen können:


  • Beidseitige Anteilnahme:

Die Eltern und Lehrpersonen sind aneinander interessiert, schätzen eine Begegnung auf Augenhöhe und nehmen am Lernen und am Lernerfolg des Kindes teil.

Keller et al. (14) betonen, dass eine offene und transparente Kommunikation zwischen Schulen und Familien die Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit ist und die Arbeit für beide Instanzen leichter macht. Voraussetzung dafür sei ein möglichst umfangreiches Wissen über die Bedürfnisse beider Seiten, um auf das gemeinsame Ziel einer optimalen Förderung und gesunden Entwicklung der Schülerinnen und Schüler hinzuarbeiten. Mantel et al. (15) weisen darauf hin, dass vom Gemeinsamen ausgegangen werden soll, denn Eltern und Schule verbindet das Interesse am Schulerfolg und Wohlergehen des Kindes. Dieses gemeinsame Anliegen kann explizit ins Zentrum gestellt werden und als Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit dienen.

    

  • Willkommenskultur:

Die Eltern erwarten von den Ansprechpersonen an den Schulen die Bereitschaft und Initiative zum Beziehungsaufbau und fühlen sich willkommen.

Kosorok Labhart et al. (16) betonen zudem folgenden Aspekt: „Eine wertschätzende und willkommen heissende Kommunikation ist für Eltern mit Migrationshintergrund besonders bedeutsam. Es lohnt sich, informelle Kontaktgefässe anzubieten oder am Rand von offiziellen Anlässen das Gespräch proaktiv mit Eltern zu suchen. […] Kurze Rückmeldungen zur Wahrnehmung des Kindes und zu alltäglichen Erlebnissen mit dem Kind helfen den Eltern, Vertrauen aufzubauen und das Kind beruhigt und vertrauensvoll den pädagogischen Fachpersonen zu überlassen.“


  • Respekt für die jeweiligen Rollen:

Die jeweiligen Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten von Eltern und Schulen werden regelmässig thematisiert und respektiert.


  • Transparente Information:

Die Schule informiert die Eltern transparent (z.B. Lernziele, Regeln, Mitwirkungsmöglichkeiten) und die Eltern informieren die Schule (z.B. Abwesenheiten, besondere familiäre Situationen).

Blickenstorfer (17) schlägt zudem fünf Schwerpunkte vor, die idealerweise als Gesamtschule umgesetzt werden, so dass beispielsweise Schulleitende, Stufenteams oder Elternvereinigungen Beträge leisten und so die einzelnen Lehrpersonen entlastet werden. Die nachfolgend vorgestellten Aspekte tragen viel dazu bei, dass die Zusammenarbeit mit weniger Reibung verläuft, denn wenn eine gute Beziehung da ist, ist das eine Entlastung für alle Beteiligten.

1.       Sich gegenseitig kennen und respektieren lernen
 

„Ein guter Anfang ist viel wert“. (18) Die ersten Kontakte können für die Zusammenarbeit prägend sein und daher ist es wichtig, dass das Kennenlernen sensibel angegangen und eine Vertrauensbasis geschaffen wird. Auch Neuenschwander (19) weist darauf hin, dass Lehrpersonen aktiv das Vertrauen von benachteiligten Eltern aufbauen müssen, um die Chancengerechtigkeit zu erhöhen. Es empfiehlt sich, dass seitens der Schule nicht erst Kontakt aufgenommen wird, wenn es gilt, Probleme zu lösen, sondern früh im Schuljahr das Gespräch mit den Eltern gesucht wird. Das gegenseitige Kennenlernen soll dabei im Zentrum stehen und so könnten beispielsweise eigene Schulerfahrungen angesprochen werden oder es kann darüber ausgetauscht werden, was den Eltern und der Lehrperson in Bezug auf Bildung und Erziehung besonders wichtig erscheint. Da dieser erste Kontakt eine so hohe Bedeutung hat, ist es ratsam, bei sprachlichen und allenfalls kulturellen Hürden frühzeitig interkulturell Dolmetschende oder Vermittelnde beizuziehen. (20)
 

2.       Den Kontakt pflegen und vertiefen
 

Es ist wichtig, dass der Kontakt aufrechterhalten und vertieft wird. Dazu braucht es regelmässige Gespräche, Elternabende, Einladungen zum Schulbesuch und zur Teilnahme an Festen oder besonderen Schulanlässen. Im Migrationskontext ist zu beachten, dass die Hemmschwelle für eine Teilnahme für manche Eltern eher hoch sein kann. Daher sollen Orte und Zeitpunkte für den regelmässigen Austausch auch immer wieder überdacht und nach Bedarf neu erprobt und der jeweiligen Situation angepasst werden (z.B. Hausbesuche, Kurzinformationen etc.). (21) Auch hier können interkulturell Dolmetschende und Vermittelnde wertvolle Dienste leisten.

3.       Sich gegenseitig informieren
 

Alle Beteiligten sollten voneinander wissen und sich gegenseitig informieren. So ist es beispielsweise wichtig, dass Eltern möglichst gut informiert werden, wie das lokale Bildungssystem funktioniert und umgekehrt müssen Lehrpersonen wissen, von welchen Bildungsvorstellungen die jeweiligen Eltern ausgehen. Wenn man diese voneinander kennt, ist es oftmals möglich, dass Missverständnisse gemindert werden. Mehrsprachige Informationsanlässe, die klassenübergreifend organisiert werden, sind ein geeigneter Rahmen, um Eltern zu informieren und die einzelnen Lehrpersonen zu entlasten. Zudem ist es hilfreich, wenn die Lehrperson Elternbriefe priorisiert, zwischen wichtigen und weniger wichtigen Informationen unterscheidet und diese verständlich gestaltet. So werden beispielsweise sehr wichtige Informationen in einem roten Mäppchen abgelegt oder auf rotes Papier kopiert. Die Eltern wissen dann, dass es sich in diesen Fällen um bedeutsamen Inhalt handelt.
 

4.       Die Eltern bei der Lernförderung ihrer Kinder unterstützen
 

Inwiefern die Schule bzw. Lehrpersonen die Eltern dazu auffordern sollen, sich um die Lernförderung ihrer Kinder zu bemühen, ist eine kontrovers diskutierte Frage, denn einerseits wird damit Familien, die ohnehin schon belastet und/oder benachteiligt sind, Zusätzliches abverlangt, andererseits ist es eine Tatsache, dass Eltern, die ihre Kinder bei schulischen Belangen unterstützen, einen wesentlichen Beitrag zum Schulerfolg ihrer Kinder leisten. Es gilt daher einen angemessenen Umgang damit zu finden. „Lehrpersonen können beispielsweise damit umgehen, indem sie Eltern auf niederschwellige Unterstützungsmöglichkeiten aufmerksam machen, etwa auf das Einrichten eines Arbeitsplatzes und einer zeitlichen Routine für die Hausaufgaben, das bewusste Pflegen sprachlicher – auch mehrsprachiger – Ressourcen oder das Zeigen von echtem Interesse an schulischen Inhalten“. (22) Bewährt haben sich auch Deutschkurse für Eltern, die an der Schule niederschwellig angeboten werden.
 

5.       Die Eltern zur Mitwirkung am Schulleben einladen
 

Wenn die Eltern merken, dass ihr Beitrag wichtig ist, helfen sie oft und gerne. (23) Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Eltern um ihre Mitwirkung und Mithilfe zu bitten. „Diverse Bildungsgesetze räumen den Eltern umfassende Mitwirkungsrechte ein“. (24) Die Elternmitwirkung umfasst die Bereiche Mitarbeit, Mitsprache und Mitbestimmung. Sie bezweckt die institutionalisierte Zusammenarbeit von Fachpersonen und Elternschaft in der Kindertagesstätte, der Spielgruppe, in Schulen und Bildungsangeboten für Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Die Formen sind vielfältig: Elternrat, Elternforum, Elterntreff, Elterncafé, Elternstammtisch, Elternverein etc. Jede Organisation soll die Rahmenbedingungen gemeinsam mit den Eltern definieren, denn Rollen und Zuständigkeiten müssen geklärt werden. (25)
 

Die institutionalisierte Elternmitwirkung kann auf Klassen-, Stufen-, Schul- oder Gemeindeebene stattfinden, wobei der Lead bei den Schulen liegt. (26) Gemeinden oder Schulen können oder müssen (je nachdem wie die kantonalen Vorgaben sind) Mitwirkungsgremien einrichten. Oftmals wird berichtet, dass Eltern mit Migrationsgeschichte in solchen Gremien untervertreten sind. Daher ist es ratsam, sie mit einer gezielten Einladung für eine Beteiligung zu gewinnen. (27)

In der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern kann es auch zu Herausforderungen kommen. Manchmal haben Eltern mit der Lehrperson oder der Schulleitung Mühe oder sind mit gewissen Prozessen in der Schule nicht einverstanden. Falls Kritik geübt wird, ist es wichtig, dass sie persönlich vorgebracht wird. Ein konstruktives Miteinander ist für alle Beteiligten besser als Fronten zu schaffen.
 

Die Ursachen für die Herausforderungen sollten jedoch nicht nur bei den einzelnen Personen, sondern auch im Bildungssystem gesehen werden. Es handelt sich nämlich um ein System, in dem beurteilt wird und Laufbahnentscheidungen getroffen werden. In diesen Entscheidungsprozessen nimmt die Schule eine relative Machtperson ein. Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule findet dadurch in sogenannt asymmetrischen Machtverhältnissen statt, bei welchen Fragen um Selektion im Zentrum stehen und es demnach auch zu Spannungen kommen kann. (28) Zudem enthält dieses System implizite Normalitätsvorstellungen, die bewirken, dass diejenigen, die dieser «Normalität» entsprechen eher bevorzugt werden und jene, die dieser «Normalität» weniger oder nicht entsprechen, eher benachteiligt werden. So werden einheimische Ober- und Mittelschichtsfamilien, in denen nur ein Elternteil arbeitet, von der Schule am besten erreicht, während einkommensschwache Familien, Alleinerziehende und Eltern mit Migrationshintergrund tendenziell benachteiligt werden. (29) Demnach ist es ratsam, Herausforderungen in der Zusammenarbeit nicht einzelnen Personen (Lehrpersonen oder Eltern) vorzuwerfen, sondern vielmehr das System im Auge zu behalten und gemeinsame Wege zu finden, um allfällige Benachteiligungen zu erkennen und ihnen zu begegnen.

Manchmal wird die Kommunikation zwischen Eltern und Lehrpersonen dadurch erschwert, dass es keine gemeinsame Sprache gibt, in welcher kommuniziert werden kann oder sie kann durch Missverständnisse irritiert werden, wenn beispielsweise unterschiedliche Erfahrungen gemacht wurden oder unausgesprochene Erwartungen vorhanden sind. (30)
 

Es sind zahlreiche Aspekte, die helfen können, unterschiedliches Verhalten besser zu verstehen und dabei nicht nur die Differenz, sondern immer auch die Gemeinsamkeiten zu sehen und zudem anzuerkennen, dass sich Sichtweisen und Einstellungen je nach Umfeld und Situation ändern können, in einem dynamischen Prozess von gegenseitiger Irritation und Verständigung. Gemäss Mantel et al. (31) sind mögliche Einflussfaktoren beispielsweise: migrationsunabhängige Lebenserfahrungen, Prägungen, Charaktereigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale, sozioökonomische Verhältnisse, Familienform, Geschlecht- und Geschlechterrollenverständnis, eigene Bildungs- und Erziehungserfahrungen, Migrationsgründe- und Erfahrungen, Weltanschauungen, religiöse Orientierungen, politische Überzeugungen usw.


Um nach Brücken und gemeinsamen Vereinbarungen zu suchen, braucht es Gespräche und oftmals ist diesbezüglich externe Expertise hilfreich. Interkulturelle Dolmetschende und Vermittlungspersonen sind dafür ausgebildet, in solchen Situationen beigezogen zu werden. Wichtig zu erwähnen ist, dass Kinder (z.B. ältere Geschwister) nicht als Dolmetschende eingesetzt werden sollen, da sie so in unangemessene Doppelrollen geraten können und schwierige Übersetzungsaufgaben zu leisten haben, zu denen ihnen oftmals die Fachsprache fehlt. Zudem kann dies einen ungünstigen Einfluss auf die Beziehung zwischen Eltern und Kinder haben und die Kinder in Loyalitätskonflikte bringen. (32)

Gemäss INTERPRET, der schweizerischen Interessensgemeinschaft für interkulturelle Dolmetschen und Vermitteln sind interkulturell Dolmetschende Expertinnen und Experten für mündliches Übersetzen in einer Trialogsituation – einem „Dialog zu Dritt“. Sie dolmetschen unter Berücksichtigung des sozialen, ethnischen, schichtspezifischen und kulturellen Hintergrunds der Gesprächsteilnehmenden.

Interkulturell Vermittelnde verfügen über eine Zusatzausbildung für „interkulturelles Vermitteln“, so dass sie neben dem Dolmetschen auch Verantwortung für Prozesse, Inhalte und Abläufe übernehmen, stärker beratend auftreten und etwa Sprachgruppen an Elternabenden moderieren und inhaltlich gestalten können. „Interkulturell Vermittelnde können eine grosse Hilfe sein, wenn Irritationen bestehen oder wenn die Zusammenarbeit von gegenseitigen Missverständnissen geprägt ist“. (33)


Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Dolmetschenden und Vermittelnden haben gezeigt, dass es sich als Lehrperson lohnt, insbesondere auf folgende Punkte zu achten:
 

  • zuerst die Sprache der Eltern abklären und dabei auch an Dialekte zu denken,

  • ein kurzes Vorgespräch mit der dolmetschenden oder vermittelnden Person führen,

  • zu Beginn des Gesprächs auf die Schweigepflicht hinweisen und festlegen, dass alles Gesprochene übersetzt wird und dabei auch das Einverständnis aller Beteiligten einholen,

  • während des Gesprächs nicht die dolmetschende oder vermittelnde Person, sondern die Eltern ansprechen,

  • kurze Sätze bilden und eventuell visualisieren,

  • Randgespräche zwischen den Fachpersonen unterlassen.


Gemäss Blickenstorfer (34) lohnt es sich für eine Schule einen Kreis von interkulturellen Dolmetschenden und Vermittelnden zusammenzustellen, mit denen sie regelmässig arbeitet.


  1. (1) Lehrplan 21, Bildungsziele, S. 21.

    (2) vgl. Hattie, 2008; LCH 2017.

    (3) Schöllhorn 2015 zitiert in Kosorok Labhart et al., 2021.

    (4) Vodafone Stiftung Deutschland, 2013, S. 1.

    (5) vgl. Killus & Paseka, 2022; Rietzler & Grolimund, 2021; Sacher et al., 2019.

    (6) vgl. Gomolla, 2009; Neuenschwander, 2009.

    (7) vgl. OECD, 2016.

    (8) vgl. Gomolla, 2009.

    (9) vgl. Betz et al., 2017, S. 89f.; Kuhn, 2018, S. 75ff.; Wiezorek & Pardo-Puhlmann, 2013, S. 197.

    (10) vgl. Fiechter, 2015; Wippermann et al., 2013.

    (11) vgl. Betz et al., 2017; Bischoff & Betz, 2018; Sacher et al., 2019.

    (12) vgl. Hawighorst, 2009; Neuenschwander et al., 2005, S. 230; Wippermann et al., 2013; Fiechter, 2015.

    (13) vgl. LCH, 2017, S. 13.

    (14) Keller et al., 2020.

    (15) vgl. Mantel et al., 2019, S. 166.

    (16) Kosorok Labhart et al., 2021, S. 29.

    (17) Blickenstorfer, 2001.

    (18) Mantel et al., 2019, S. 167.

    (19) Neuenschwander, 2020, S. 8.

    (20) vgl. INTERPRET, 2017.

    (21) vgl. Kosorok et al., 2021, S. 159.

    (22) vgl. Kölsch-Bunzen et al., 2015.

    (23) vgl. Neugebauer & Nodari, 2017, S. 17 – 20.

    (24) LCH, 2017, S. 22.

    (25) vgl. Fachstelle Elternmitwirkung.

    (26) vgl. LCH, 2017, S. 8.

    (27) vgl. Mantel et al., 2019; Blickenstorfer, 2001.

    (28) vgl. Fürstenau & Gomolla, 2009; Mantel et al., 2019.

    (29) vgl. Blickenstorfer 2001; Gomolla 2009; Mantel et al., 2019.

    (30) vgl. Mantel et al., 2019, S. 181.

    (31) Mantel et al., 2019.

    (32) vgl. Korosok et al., 2021; Mantel et al., 2019.

    (33) Mantel et al., 2019, S. 184.

    (34) Blickenstorfer, 2001.


Verwendete Literatur

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Bischoff, S., & Betz, T. (2018). Zusammenarbeit aus der Sicht von Eltern und Fachkräften im Kontext übergreifender Ungleichheitsverhältnisse. Internationale Forschungsperspektiven auf ein komplexes Verhältnis. In C. Thon, M. Menz, M. Mai & L. Abdessadok (Hrsg.), Kindheiten zwischen Familie und Kindertagesstätte. (S. 25-46). Frankfurt am Main: Springer.

Blickenstorfer, R. (2001). Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern. In S. Mächler (Hrsg.), Schulerfolg: kein Zufall (S.80-95). Zürich: Lehrmittelverlag des Kantons Zürich.

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Fürstenau, S. & Gomolla, M. (2009). Einführung. In S. Fürstenau & M. Gomolla (Hrsg.), Migration und schulischer Wandel: Elternbeteiligung (S. 13-20). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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Hawighorst, B. (2009). Perspektiven von Einwandererfamilien. In S. Fürstenau & M. Gomolla (Hrsg.), Migration und schulischer Wandel: Elternbeteiligung (S.51-67). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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Keller, R., Luder, R., Paccaud, A. & Pastore, G. (2020). Elternsicht auf die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Familien. Schlussbericht. Online unter: https://phzh.ch/de/Forschung/Forschung-auf-einen-Blick/projektdatenbank/projektdetail/?id=176.

Killus, D. & Paseka, A. (2022). Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit Eltern. PÄDAGOGIK, 7-8, 38-42.

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Kosorok Labhart, C., Luginbühl, D. & Schöllhorn, A. (2021). Von Eltern mit Migrationshintergrund lernen. Denkanstösse für die kultursensible Praxis in Spielgruppe, Kita und Schule. Bern: hep Verlag.

Kuhn, M. (2018). Zwischen Einschluss und Ausschluss. Diskursive Erzeugungen der anderen Eltern in der schweizerischen Kindertagesbetreuung. In C. Thon, M. Menz, M. Mai & L. Abdessadok (Hrsg.), Kindheiten zwischen Familie und Kindertagesstätte (S. 75-91). Wiesbaden: Springer VS.

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Rietzler, S. & Grolimund, F. (2021). Wie ein miteinander gelingen kann. Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi, 11, 10-20.

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